Autoamorphismen-Plaudertasche.
Zum Automobil fällt mir nichts mehr
ein...
Bernd Ternes
„Autokränze
Autosträuße
Hochzeitssträuße
Grabgebinde“
Außenreklame eines Blumenladens
in der Oranienstraße, Berlin
...außer/als
dies:
Daß
all die fragmentierten Gedanken, die sich ob des Alles-und-nichts-Themas Auto drängeln, in die
Einfallslosigkeit treiben, zumindest in den Gedankenunzusammenhang.
Auto ist Gesellschaft pur. Das umfassend Vermittelte als das scheinbar
Unmittelbarste. Die Hochzeit von Ökonomie, Libido, Phantasie. Von Archetypik und Kybernetik. Da ist alles drin und dran:
Öl-Krieg und Air-bag (Luftsack gerade im Auto!),
Volkswirtschaft und Psychopathologie, nüchterne Notwendigkeit des Erwerbslebens
(das Kraftfahrzeug auf dem Land) und postpubertär-protoästhetische Hormonkapriolen
(Irmscher-Tuning), Zerstörung und Vergessen der
Zerstörung von Landschaft, metaphysisch-metapsychologische Einlösungen (Auto
als letzte Kathedrale des spätzivilen Menschen) und verhaltenskybernetisch-disziplinäre
Auslöschungen (nachts um drei bei leerer Straße an der roten Ampel stehen
bleiben) etc. etc.
Die
Automobilinfrastruktur (also alles: Auto, Straßen, Raststätten, Tankstellen,
Stadtbild, LKW, Zulieferindustrie, Arbeitsplätze etc.) als Infrastruktur des
Triebs, der Ökonomie, der Freizeitkultur, des Konsums; als wahre Anschauungsumbrechung
für dasjenige Abstraktum Gesellschaft, das die Organisation des „Materials“
namens vereinzelte Einzelne übernimmt. Es regelt einheitlich so, daß sich jeder
für eine Ausnahme hält, spätestens beim Unfall.
Henri
Lefebvre bestimmte in seinem Buch „Metaphilosophie“ in einer Tabelle, die die
Formen, Systeme und Strukturen der Gesellschaftsgeschichte darstellen sollte,
unter der Rubrik „Neubildungen des 20. Jahrhunderts“ folgende fünf Punkte: die
Alltäglichkeit, die ‚Welt der Bilder’, das Automobil, die Technizität
sowie das System des Überlebens. Zum Automobil ist in Klammern als Kurzergänzung
dies ausgeführt: „mit seinen Anforderungen als Leitobjekt in der ‚Welt der
Objekte’: Prestige, Zerstörung der Städte. Mit seiner Kodifizierung: die ‚Straßenverkehrsordnung’
als das vollendete System der modernen Zeit.“[1]
Fährt
man nicht gerade in der Stadt, so fährt man mit dem Auto durch Landschaft, und
sei es auch eine der Autobahnausfahrten und -brücken. Diese Art Fahren soll der
Weg des Schreibens sein: Mit den Worten durch das Auto fahren, genau so, wie
das Auto durch eine Landschaft fährt. Man sieht dort was, hier was: es bleibt
egal, Sekundenhirnfutter. So wie dort die durchquerte Landschaft Appendix wird
des automobilen Durchquerens, so wird hier das spritztourhaft
durchquerte Thema Auto Appendix der es durchquerenden Sätze. Hoffentlich.
1
Erster vorletzter unernster Versuch, tief übers Auto zu denken
Zumindest
im deutschen Sprachraum gibt es eine eigentümliche Faulheit, das Behältnis für
den toten, den schlafenden, den räumlich und nichträumlich bewegten Zustand mit
ein und demselben Wort umgangssprachlich festzumachen: Kiste. Sarg, Bett, Auto
und PC: Von der Art der Haltung abgesehen (liegen/sitzen) sind es nur noch die
Präpositionen „am“ und „in“, die einen Unterschied machen, geschuldet der
relativ jungen Kiste namens Computer. Es ist durchaus abzusehen, daß man bald
nicht mehr am, sondern im Computer sitzt, sobald dieser zu einem richtigen Containercharakter
gefunden haben wird.[2] Denn
es scheint das allen verschiedenen Kisten zentrale Merkmal zu sein, daß sie
eben Behälter sind. Lewis Mumfort wies auf die
zentrale sozioanthropologische Bedeutung der
Erfindung von Behältern für die Aufrechterhaltung sozial geordneter Verteilung
hin: Behälter als Aufbewahrungsorte, d.h. als materielle Ermöglichung der
Emanzipation von unsicherer Natur. Eines der bekanntesten und auch
existentiellsten Behältnisse ist die Zisterne, also ein unterirdischer Behälter
zwecks Sammlung von Regenwasser. Das Wort gilt als Entlehnung aus lat. cisterna, das auf lat. cista beruht (Kiste),
das seinerseits dem griech. Wort kístē
(Korb, Kiste) entlehnt wurde. Die Kiste hält, behält lebensnotwendige Dinge auf
Dauer und ermöglicht damit Zukunft; und erzwingt freilich auch die Sorge. Die
beinhaltende Kiste ermöglicht Abweichung und Erweiterung menschlicher Viabilität; sie ist ein notwendiger materialer Bestandteil
des menschlichen Experiments (neben den notwendigen immateriellen Bestandteilen
wie Sprache), im Ausgesetztsein, über dem Abgrund, im
Bodenlosen zu bestehen.
Zehrt
die individuelle und gesellschaftliche Bedeutung des Autos als Kiste noch von
diesen menschheitsgeschichtlich existentialen Erfahrungen? Also davon, daß das
in den Behältern Aufbewahrte nicht anders als wertvolles Gut aufgefaßt werden
kann? Und wenn ja: Ist dann das Enthaltensein nicht längst vom „Gegenstand“ Auto
an das System der Automobilität übergegangen?
2 Zweiter
letzter unernster Versuch: Das Auto als
Bestand?
Gibt
es überhaupt das Auto als Objekt noch, ontologisch gesprochen? Ist es nicht
mittlerweile eine Chimäre geworden, vergleichbar dem, was man Handlung nennt,
so man diese aus systemtheoretischer Perspektive betrachtet? So wie Handlung
kommunikationstheoretisch nur noch dazu da ist, Kommunikation als einfaches Ereignis
an einem Zeitpunkt zu fixieren[3], so
scheint das Auto auch nur noch dazu gebrauchbar zu sein, die Autoinfrastruktur
zu bedienen; und zugleich die gegenteilige Vorstellung zu ermöglichen, daß die
mobile Gesellschaft aus vielen einzelnen mobilen Elementen besteht. Vielleicht
hilft die Frage weiter, ob das Auto nur noch als Bestand denkbar ist:
„Das
Wort ‚Bestand’ rückt jetzt in den Rang eines Titels. Er kennzeichnet nichts
Geringeres als die Weise, wie alles anwest, was vom herausfordernden Entbergen
betroffen ist. Was im Sinne des Bestandes steht, steht uns nicht mehr als Gegenstand
gegenüber. Aber ein Verkehrsflugzeug, das auf der Startbahn steht, ist doch
ein Gegenstand. Gewiß. Wir können die Maschine so vorstellen. Aber dann
verbirgt sie sich in dem, was und wie sie ist. Entborgen steht sie auf der
Rollbahn nur als Bestand, insofern sie bestellt ist, die Möglichkeit des
Transports sicherzustellen.“[4]
Gilt
das auch fürs Auto? Und wenn ja: Wäre damit auch die exorbitante Automobil-Werbung
erklärbar, die nichts anders versucht, als den Eindruck zu suggerieren, man
steige in sein Auto und nicht in einen Bestand ein, wenn man losfährt?
3 Im Bestand
sein, amorph
Im
ersten Teil von Christoph Buggerts Hörspieltrilogie
„des bürgerlichen Wahnsinns“ mit dem Titel „Vor dem Ersticken ein Schrei“ (WDR,
BR 1977) passiert dies: Unter der Regieanweisung „Fahrendes Auto/ innen“ hört
man eine Frau und einen Mann im Auto sitzend reden. Das Paar befindet sich im
Urlaub, soviel wissen sie. Nicht mehr wissen sie, wer sie sind, woher sie
kommen, was sie sind. Beinahe vollkommener Identitätsverlust. Und dies nur deswegen,
weil ihnen die Pässe gestohlen worden sind. Beide versuchen nun drängend, durch
Erinnerung, durch Raten, durch Beobachtungen der Nummernschilder anderer Wagen
herauszubekommen, wer sie sind und woher sie sind.
„M:
Und du? Erinner du dich doch!“
„F:
Da ist das Bad, die Küche, das Schlafzimmer, die Diele... die chemische Reinigung...
die Kinder... Ja, das ist es: Wir haben Kinder!“
„M:
(Aufmerksam) Wieviele?“
F:
Zwei, glaub ich.“
Doch
auch diese Erkenntnis bringt sie nicht weiter auf der Spur des Herausfindens,
wer sie sind. Dann plötzlich beginnt der Mann zu lachen, kitzelt seine fahrende
Frau, das Auto schleudert, hält dann auf einem Parkplatz an, der Mann lacht
noch immer.
„F:
[...] Was ist denn auf einmal!“
„M:
Denk mal nach!“
„F:
Das tu ich schon die ganze Zeit.“
„M:
Trotzdem! Worin sitzen wir!“
„F:
In unserm Auto!“
„M:
Und was hat so ein Auto? Vorne und hinten?“
„F:
(Erleichtert) Darüber kriegen wirs raus. Daß wir
daran nicht früher gedacht haben! (Lacht jetzt auch) Die Nummernschilder!
(Lacht / Plötzlich wieder ernst) Aber...“
„M:
Was?“
„F:
Ist es auch unser Auto?“[5]
Ganz
anders gestalten sich die nämlichen Erfahrungen, die Richard Rogler in seinem Kabarett-Programm „Anfang offen“ (2002, WortArt 71298) durch die Bühnenfigur Camphausen zu erzählen
weiß. Hier ist Bestand und Auto schon fast identisch. Camphausen erzählt, warum
die Rückfahrt von Kampen/Sylt nach Köln-Zentrum 14 und nicht bloß vier Stunden
gedauert habe: er fuhr nämlich mit einem Mercedes Maybach. Dieser Wagen würde
permanent ein Enzephalogramm des Autofahrers erstellen: wird ein bestimmter
Wert unterschritten, steuere das Fahrzeug von sich aus langsam gen Standspur
resp. gen Raststättenausfahrt. Ignoriere man dies, setze ein Automatismus ein.
Der Wagen kommt zum stehen, eine warme Decke springt aus dem Handschuhfach, die
Fenster werden verdunkelt. Ignoriere man auch das noch, dann rufe die „Kiste“ (Rogler) automatisch den Abschleppdienst, blende über
Display den Punktestand in Flensburg ein, und fordere den Fahrer auf, die angefallenen
Kosten jetzt sofort mittels Kreditkarte auszugleichen.
Das
Auto, das hier kabarettistisch beschrieben wird, ist nichts anderes als die Objekt gewordene Infrastruktur; das Beinhaltende, das
sich selbst mit dem Inhalt verwechselt und sich nicht mehr enthalten kann. Die
Prometheische Scham des Menschen schlägt um in eine prometheische Wut des
Hergestellten.
4 Absurde
Autovorstellungen; Inserts
Ausgerechnet
in der Deutsche Bahn-Postille „mobil“, Heft 12/2003, liest man in der Rubrik
„Spektrum“ unter der Abbildung eines futuristischen Automobils und unter der
Überschrift „Das Auto als zweite Haut“, dies (p56):
„Der
PM von Toyota ist eine Konzeptstudie, die schon heute die Mobilität von morgen
veranschaulicht. PM steht für ‚personal mobility’,
und das erklärte Ziel des minimalistischen Einsitzers ist die Einheit von
Person und Fahrzeug. Die Kabine umgibt den Fahrer wie eine enge Hülle und paßt
ihre Position seinen Bedürfnissen an: aufrecht beim Ein- und Aussteigen, schräg
geneigt beim schnellen Fahren. Extrem bewegliche Hinterräder ermöglichen die
Drehung auf der Stelle, fast wie mit dem eigenen Körper. Die LED-Flächen an den
Felgen der Hinterräder nehmen – je nach Wunsch – unterschiedliche Färbung an.
Überdies kann der PM über ein Kommunikationssystem Kontakt zu Artgenossen aufnehmen
und Informationen austauschen. Bei Fahrten im Konvoi etwa übernimmt einer die
Führung, die anderen folgen in sicherem Abstand per
Autopilot. Spätestens dann fährt es sich wie von selbst.“
Was
soll man dazu noch sagen? Autoanthropoamorphismus?
Aber
das ist noch die gegenwärtige Zukunftsmusik. Die gegenwärtige Gegenwart des
Automobils scheint einer anderen Art der Naturalisierung (Haut, Artgenosse) zu
folgen: der Bananenreifung.
„Spiegel
Online“ meldet am 15.12.2003 folgendes: “Rückrufaktionen-Rekord:
Autoentwicklung nach dem Bananenprinzip. Mehr als eine Million Autos haben
Autohersteller in diesem Jahr in die Werkstätten zurückgerufen und damit einen
neuen Rekord aufgestellt. Bei Autos scheine immer mehr das Bananenprinzip zu
gelten, urteilen die Wissenschaftler des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts: Das
Produkt reift beim Verbraucher. Den vollständigen Artikel erreichen Sie im
Internet unter der URL http://www.spiegel.de/auto/aktuell
/0,1518,278410,00.html“.
Die Spitze des Automorphings
ist allerdings noch nicht erreicht. Als J.G. Ballard
1973 seinen Roman „Crash“ veröffentlichte (dt. München 1996), schien es ihm
(oder dem Verlag) notwendig, einige Anmerkungen à la ‚Achtung: Kunst!’ voranzustellen,
unter anderen diese: „Ich habe in Crash das Automobil nicht nur als
sexuelles Sinnbild dargestellt, sondern auch als Metapher für das Leben der Menschen
in der modernen Gesellschaft. Daher hat das Buch auch eine sehr politische
Rolle, die nichts mit dem sexuellen Inhalt zu tun hat, aber ich würde Crash
trotzdem als ersten pornographischen Roman ansehen, der auf der Technologie
basiert“ (p13).
Gerade
einmal 30 Jahre später muß man dies lesen:
„Wann
heiratet ein Auto? Diese und andere Fragen beantwortet Audi in seinem Online-Special "Audi A8 - The
Making of".“ – Spiegel online, 03.01.2004
Ging
es Ballard noch um eine
sexual-technikanthropologische Meditation über künstliche Körperöffnungen
(p203), über Strafexpeditionen ins eigene Nervensystem (218), über das
Verhältnis von Sex und der Kinästhetik der Schnellstraße
(p196), zeugt der Headline-Satz Audis schon wieder von der Spießerzeit vollendet
technotoper Gesellschaft; es wird einfach wieder nur
schlicht geheiratet. Ein Auto heiratet. – Unter der Voraussetzung, daß die
Redakteure des Spiegel und die Werbemenschen von Volkswagen keine Dadaisten
sind: Was soll man dazu noch sagen?
5 Kleinere Münze
Das
passende Geleitwort für die Autohochzeit kommt von Matthias Beltz,
wobei nicht ganz auszuschließen ist, daß es sich doch um eine kleine
Beerdigungsrede handelt. Beltz:
„Jedes
Liebespaar besteht aus zwei Untergrundkämpfern gegen das Prinzip Liebe, und der
Staat wird von Staatsfeinden regiert. Betrachten Sie die Autobahn, sehen Sie
sich die Partisanen an der unbegrenzten Geschwindigkeit [an], diese Menschen,
die bedingungslos Leib und Leben von sich und anderen riskieren für das höchste
Ziel: Die freie Fahrt ins irgendwo.“[6]
Solch’
Sicht aufs Auto scheint realistischer, spielt sie doch mit der Banalität des
Normalen eher als mit der Grausamkeit des Phantasmagorischen.
Eine kleinere Münze des Kopfschüttelns also, vielleicht als Rationalisierung,
vielleicht als gewollte Ignoranz verstehbar.
Also
weg von Fragen wie „Ist das Auto die Fortsetzung der griechischen Einwohnung
mit anderen, nämlich nun raumentfernenden Mitteln?“, oder “Wenn das Haus die
Verortung im Raum war, ist dann das Auto die Ortung durch den Raum?“, und hin
zu Fragen dieser Art: Wäre das Bedürfnis, alleine mobil zu sein, auch dann sich
durchsetzend, wenn Fliegen individuell machbar wäre? Wenn fast jeder es sich
leisten könnte, mit Hubschrauber und Miniflugzeug sich von A nach B zu bewegen?
Das
Auto hat rein gar nichts an kulturphilosophischem Mehrwert, wenn man es betrachtet
aus der Sicht von Landbewohnern, die darauf so angewiesen sind wie der Städter
auf die U-Bahn. Würde man sich lustig machen über das Kamel der Beduinen?
Das
Auto ist weder Kathedrale noch technischer Körper. Das Autofahren ist weder
eine Art Schlaf für den gesellschaftlichen Kommunikations- und Verkehrskörper
noch die Daseinsweise des Wegseins („Para-Existenz“;
Oskar Becker).
Wenn
Jean Baudrillard schreibt:
„Legen Sie zehntausend Meilen quer durch Amerika
zurück und Sie werden mehr über dieses Land wissen als alle soziologischen oder
politikwissenschaftlichen Institute zusammen“[7];
dann kann man das Auto und das Fahren als Bedingung zur Ermöglichung von Erkenntnis
ansehen.
Genausogut
gelingt es, das Auto(fahren) als Bedingung zur Ermöglichung von Dummheit zu
diskriminieren, als Metapher für Primitivität, Unterkomplexheit,
Antiquiertheit:
In seinem Aufsatz „Europas technologische Lücke“
(Merkur, Heft 1+2/1968, p126-140, hier: p133) zitiert Peter Menke-Glückert
Kenneth E. Boulding, der, um dem europäischen „management gap“ ein griffiges
Bild zu geben, davon spricht, daß europäische Regierungssysteme heute noch wie
Automobile gelenkt werden, das heißt nach einer Art empirischen Routinewissens
(und eben nicht nach Art eines Systemwissens).
Solche Sätze, nun auch schon knapp 40 Jahre alt,
aber gerade deswegen durch ihre Kritik überzeugend, da sie aus der kurzen Fortschrittemphasezeit
stammen, beruhigen. Sie beruhigen, weil sie den Eindruck vermitteln, daß man
sich von der allgemeinen Mobilmachung der Moderne nicht mehr mitnehmen lassen
muß. Nicht ganz an den Haaren herangezogenes Vorbild ist hierfür Karl Kraus,
dem zum grausamsten Mobilmacher nichts mehr einfiel.
Alvin Lucier erwähnt
einmal, daß er zusammen mit John Cage ein Stück von George Brecht zur
Aufführung bringen wollte des Titels „motor vehicle sundown event“; ein Stück für Automobile im Freien. „Es ist ein
sehr schönes Stück, das die Geschäftigkeit von Autos auf bestimmten
kleinstädtischen Treffpunkten wie leeren Parkplätzen und A&W-Imbißbuden
heraufbeschwört. Fahrer sitzen in den Fahrzeugen, blenden Scheinwerfer auf,
betätigen Hupen, öffnen und schließen Wagentüren, stellen ihre Scheibenwischer
an und ab und so weiter.“ ... „Wir nahmen es jedoch vom Programm, weil wir
Schwierigkeiten hatten, genug Mitspieler zu bekommen“.[8]
[1]
Henri Lefebvre, Metaphilosophie. Prolegomena, dt.,
FFM 1975, p12.
[2]
Vergleichbar dem heute schon gängigen „Ich war in einem Film“.
[3]
Niklas Luhmann, Soziale Systeme, FFM 1984, p227.
[4]
Martin Heidegger, Die Technik und die Kehre, Pfullingen 1962, p16. Kursiv von
mir, B.T.
[5]
Text aus dem Hörspielmanuskript; vom Autor freundlicherweise zur Verfügung
gestellt. – Im zweiten Teil seiner Hörspiel-Trilogie des bürgerlichen
Wahnsinns, „Nullmord“, schafft es Buggert in der das
gesamte Hörspiel durchziehenden Szene, die Hordenjagd und das kooperative
Morden auf die Autobahn zu verlegen: Man erfährt konkret und
sozialpsychologisch die Mechanismen des Jagens, der Konstruktion des Opfers und
der Bildung von Hierarchie im Rudel, dargestellt an einigen Autofahrern auf der
Autobahn.
[6]
Matthias Beltz, Gnade für niemand – Freispruch für
alle, Zürich 1990, p19.
[7]
Jean Baudrillard, Amerika,
dt., München 1987, p79.
[8]
Alvin Lucier, Reflexionen, Interviews, Notationen,
Texte, dt./engl., hg. von Gisela Gronemeyer und
Reinhard Oehlschlägel, Köln 1995, p505.